In Brasilien lieben es die Anwälte, sich mit dem Titel „Doktor“ ansprechen zu lassen, wenn sie das Dritte Staatsexamen (Aufnahmeprüfung der Bundesanwaltskammer) bestanden haben und ohne Promotionsstudium mit entsprechendem Abschluss als zugelassener Anwalt zu arbeiten anfangen. Das würde auf einem noch gültigen Gesetz des I Reichs Brasiliens (19 Jh.) sein Fundament haben, behaupten viele Anwälte in Brasilien. Das stimmt jedoch nicht, es war mal so, aber keiner kümmert sich darum so richtig, die Hauptsache sie werden mit Doutor angesprochen.
Seit der Ausrufung der brasilianischen Republik geniesst die rechtsprechende Staatsgewalt, die Judikative, eine besondere Sonderstellung in Brasilien.
Die Gehälter der Richter stellen eine der größten Absurditäten Brasiliens: Im Verhältnis zum BIP (Bruttoinlandsprodukt) verbrauchen die Kosten der brasilianischen Justiz zehnmal mehr Ressourcen als in Ländern wie Deutschland, Spanien, Argentinien und den Vereinigten Staaten. Auch die Gehälter in Brasilien sind astronomisch. Richter in Brasilien können bis zu zehnmal mehr verdienen als Richter in Deutschland, in den USA, Frankreich und Portugal. Das ist eine Horror-Erbschaft aus der Zeit der Monarchie Brasiliens. Aus dieser Staatsgewalt werden, abgesehen von diesen Tatsachen, von Zeit zu Zeit auch Ereignisse bekannt, die in einem Land von Demokratie mit vernünftiger Qualität und guter Volkssouveränität ein Skandal verursachen würde: Korruption, Vetternwirtschaft and abusive Regeln zur Verbesserung von deren Einnahmen sind an der Tagesordnung. Im schönen und reichen Brasilien dient die Demokratie auf der einen Seite der Macht von bestimmten Interessengruppen und auf der anderen Seite die Armut der Menschen zu bewahren. Zwei Elemente der Formel des für viele Politiker und ihre sie unterstützenden Eliten erfolgreichen demokratischen Herrschaftssystems Brasiliens.
Brasilien ist ein Land, das sich wirtschaftlich nur stark entwickelt, wenn sich aus dem Ausland zufällig eine Nachfrage nach seinen Agrarprodukten oder Bodenschätzen organisch formiert. Die Politik hat, wenn überhaupt, nur sehr wenig für die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens professionell getan. Das kann man ziemlich einfach historisch belegen. So war mit dem Café (Mitte des 19 Jh. bis 1930) und so ist es heute mit Soja, Bodenschätzen und anderen Nahrungsmitteln der Fall. Brasil hat schon immer viel fruchtbaren Boden und Café wuchs ohne Mühe darauf. Die auf Europa fokussierte teuto-portugiesische Monarchie-Herrschaft scheute die Arbeit und deshalb benutzte sie Menschen als Sklaven, um die Café-Produktion zu ernten und die Ernte verkaufsfertig zu machen. Der Verkauf und der Export von Café haben europäische Handelshäuser gemacht. Die teuto-portugiesischen Herrscher und die sie unterstützenden Eliten hielten Arbeit für minderwertige Beschäftigung, etwas nur für die echten Brasilianer, die in deren Wahrnehmung wertlos waren und bis Anfang der 90er Jahre des 20.Jh. von der Politik auch so behandelt wurden. Ich, der Autor, dieses Beitrags habe als Brasilianer des Nordosten Brasilien in Deutschland seit 80er Jahre erlebt, was es bedeutet, „rein“ Brasilianer ohne frisch nachweisbaren europäischen Bluts zu sein (auf brasilianischen Konsulaten in Europa). Aber die Richter müssen astronomisch verdienen und sind gern im Rampenlicht, sie geniessen Ruhm und Ehre in der Öffentlichkeit, wo sie sich seit Lula Regierungen quasi als Herrscher zeigen.
Brasiliens Bürger erfahren durch die Medien, zum Beispiel, dass im Jahr 2023 die zehn höchsten Gehälter in der Justiz auf insgesamt fast 6 Millionen R$ (um EUR 968.000,00) beliefen. Das höchste Gehalt davon zahlte der Gerichtshof von Rio de Janeiro, der im Mai einem einzelnen Richter ein Gehalt von 887.000 R$ (um EUR 143.000,00) auszahlte.
Ein anderes Beispiel von solcher Absurdität: Im Bundesland Rondônia garantiert das Gericht seinen Richtern ein Gehalt von R$ 400.000,00/monatlich (etwa (EUR 64.500,00/Monat). Davon können Richter von der stärksten Volkswirtschaft Europas (Deutschland) nur träumen. Der ehemalige Richter Luiz Antonio de Paula Luna, seit 2013 im Ruhestand, ist mit einem Nettozuschuss von R$ 463.000 (oder R$ 524.000 brutto) im Dezember 2023 die Nummer 1 in der Rangliste der bestbezahlten Richter am Staatsgerichtshof des Bundeslandes Rondônia. Das Gericht zahlte im letzten Monat des Jahres 2024 mehr als 415.000 R$ netto an sechs weitere Richter (in Brasilien beträgt der Mindestlohn R$ 1.518,00/monatlich in 2025 (umgerechnet EUR 245,00/monatlich).
Die Obergrenze für Beamte im ganzen Land beträgt R$ 44.000, der Betrag, der an die Minister des Obersten Bundesgerichts gezahlt wird. Netto sinkt die Obergrenze auf rund 32.000 R$. Theoretisch sollte jedes Beamtengehalt, das diese Grenze überschreitet, gesperrt werden. Es stösst an die Decke und muss an diese Grenze herunter gesenkt, also, angepasst werden. In der Praxis gilt die Obergrenzensenkung jedoch nicht für Richter. Auf den über den Gehaltsscheck des Richters hinausgehenden Betrag d.h., über den Betrag von über R$ 44.000,00, wird ebenfalls keine Einkommenssteuer erhoben, mit der Begründung, dass es sich um einen „Ausgleichsbetrag“ handele.
Solche Ereignisse im „kaiserlichen Richter-Hof“ Brasiliens, also in der Judikative des Landes, das Ordnung und Fortschritts seit 1889 fleissig verfolgt, kennzeichnen den gesamten Verlauf der Geschichte Brasiliens, aber ganz besonders häuften sich Optimierungen von Roitergehältern in den Amtszeiten I, II und III von Lula da Silva, in denen sich die obersten Hoheiten der Justiz besonders sich selbst gegenüber sehr großzügig zeigen und nicht selten sich selbst manches Unerlaubtes erlaubten.
Lula da Silva, der Präsident Brasiliens, ist auch so eine Führungskraft in einer der Staatsgewalten Brasiliens, die zwar nicht wenig verdient, aber sich selbst extravagante und sehr teure Wünsche erfüllt. Er liebt das Teure, das Luxuriöse, das Exzentrische, die Macht und die Ausübung seiner Staatsgewalt, denn, wie er selbst über sich redet, er ist „der einzige…“, der größte…“, „der ehrlichste unter …“. Kritik sind unerwünscht, Anbetung dagegen ist sehr erwünscht.
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Unterstützende Quellen
https://brasil.elpais.com/brasil/2018/02/01/politica/1517513564_490091.html